4346 LA DIFFICILE CONDIZIONE SCOLASTICA DEI GIOVANI ITALIANI IN GERMANIA

20080211 12:32:00 redazione-IT

Il prestigioso settimanale tedesco "DIE ZEIT", si occupa in un lungo reportage, della difficile situazione scolastica dei bambini e ragazzi italiani in Germania.

"Nachhilfe aus der alten Heimat"
Von Martin Spiewak

Dass Einwanderer aus Italien bei uns perfekt integriert sind, ist ein Vorurteil. In der Schule schneiden ihre Kinder am schlechtesten ab.
In zwei Sprachen lernen Kinder an der Stuttgarter Wolfbuschschule Lesen und Schreiben

"Nachhilfe aus der alten Heimat"
Von Martin Spiewak

Dass Einwanderer aus Italien bei uns perfekt integriert sind, ist ein Vorurteil. In der Schule schneiden ihre Kinder am schlechtesten ab
In zwei Sprachen lernen Kinder an der Stuttgarter Wolfbuschschule Lesen und Schreiben
© Boris Schmalenberger für DIE ZEIT

Und die Noten? Valentina – rosa Sweatshirt, Sommersprossen, ein falscher Diamant in der Nase – überlegt. »Das Diktat war Zwei, Mathe Drei und Englisch eine Vier.« Karolina Wolf nickt: »Das ist gut, das ist sehr gut, Valentina.« Seit vier Monaten trifft sich Wolf mit dem Mädchen zum Einzelunterricht. Einmal pro Woche ist die pensionierte Lehrerin zwei Stunden für die 14-Jährige da. Während die Klassenkameraden bereits zu Hause sind, rechnet Valentina Dezimalbrüche, übt deutsche Rechtschreibung und englische Grammatik. Wenn das Mädchen so weitermacht, könnte es ihn tatsächlich schaffen – den Abschluss auf der Hauptschule.

In der Familie Mauri* wäre sie damit die Bildungsbeste. Ihre beiden Geschwister kamen nicht über die Förderschule hinaus. Und auch Valentina verbrachte die Klassen drei bis sechs auf einer Einrichtung für Lernbehinderte. Behindert war sie nicht, doch ihre Deutschkenntnisse ließen zu wünschen übrig und die Zensuren ebenso. Also überwiesen die Lehrer das Kind in eine Spezialeinrichtung, wo die Klassen klein und die Ansprüche niedrig sind. Vier andere Kinder italienischer Herkunft saßen mit ihr in der Bank. Als Einzige von ihnen hat Valentina im Sommer den Sprung zurück auf die Regelschule geschafft, wo sie nun mit Hilfe der Privatstunden von Frau Wolf ihrem Traumberuf näher kommt: Friseurin.

Die Lehrerin hat viel zu tun an der Stuttgarter Wolfbuschschule. 21 von 36 italienischen Kindern der Grund- und Hauptschule benötigen Hilfe, um wenigstens den deutschen Minimalabschluss zu schaffen. Einige wenige erreichen dank der Nachhilfe sogar die Mittlere Reife.

Von allen Einwanderern tun sich Italiener am schwersten in der deutschen Schule. Keine andere Gruppe zählt mehr Kinder auf der Förderschule als sie (siehe Tabelle). Rund die Hälfte von ihnen schafft es nur auf die Hauptschule. Selbst die Nachfahren türkischer Einwanderer, die bekanntesten Sorgenkinder in deutschen Klassenzimmern, schneiden besser ab.
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Das Scheitern junger Italiener erscheint paradox. Und es wirft manch simple Theorie über die Ursachen von Bildungsmisere und Integrationsproblemen über den Haufen. Italiener sind Europäer und gute Katholiken. Das Vorurteil vom muslimischen Macho, dem seine Religion beim Lernen im Wege steht, trifft auf sie nicht zu. Gewiss, die Gastarbeiter aus dem Mezzogiorno waren arm und unqualifiziert. Aber das waren ihre spanischen Kollegen aus Andalusien ebenso, deren Kinder heute doppelt so häufig das Gymnasium besuchen und dreimal so oft die Universität. An ihrer Kultur kann es also kaum liegen, dass einige Migranten erfolgreich sind und andere scheitern.Keine Einwanderergruppe hatte länger Zeit zur Integration und bekam mehr Hilfe aus der Heimat als die Italiener. Warum haben sie beides so schlecht genutzt? Und wie kommt es, dass die deutschen Schulbehörden das notorische Versagen der Giuseppes und Giuseppinas so lange ignorieren konnten? An Ausländerfeindlichkeit kann es nicht liegen: Kaum ein Land schätzen die Deutschen so sehr wie Bella Italia. »Sprechen die Deutschen vom Ausländerproblem, meinen sie nie uns«, sagt Faiti Salvadori, italienischer Generalkonsul in Stuttgart, und es hört sich fast bedauernd an.

Salvadori betreut die nach Buenos Aires und Rio drittgrößte italienische Auslandsgemeinde der Welt. Was sie auf den ersten Blick auszeichnet, ist ihre Unauffälligkeit. Es gibt keine italienische Jugendgewalt, von deutsch-italienischen Nachbarschaftskonflikten ist nichts bekannt. Im Gegenteil: Begrüßt der italienische Wirt seinen deutschen Gast mit einem lockeren Ciao, dann fühlt dieser sich geehrt (was für ein türkisches Merhaba nicht unbedingt gilt). Doch nehme man den schulischen Erfolg als Gradmesser für Integration, sei die Situation seiner Landsleute »dramatisch«, sagt Salvadori. Und zwar besonders im Bildungsmusterländle Baden-Württemberg. Hier landen fast doppelt so viele italienischstämmige Kinder auf der Förderschule wie auf dem Gymnasium, im Landkreis Ravensburg etwa sind es 21,8 Prozent. Knapp die Hälfte der Jungen ist bereits in Klasse drei einmal sitzen geblieben.

Auf der Suche nach einer Erklärung findet der Generalkonsul selbstkritische Worte. Er spricht von einem teilweise geringen Interesse seiner Landsleute an Bildung. Er kritisiert »mangelnde Aufstiegsambitionen«. Weder Rechtsanwälte noch Ärzte oder Lehrer hätten sie hervorgebracht. Warum die Integration jedoch gerade in Deutschland stecken geblieben ist, lässt sich allein mit der Mentalität seiner Landsleute nur schwer erklären. Schließlich haben die gleichen Auswanderer es in Belgien oder Frankreich recht weit gebracht. Es muss also wohl auch mit dem Einwanderungsland zu tun haben – und mit seinen Schulen. »Wir haben das Gefühl«, sagt Salvadori diplomatisch, »dass die italienischen Kinder nicht alle die Unterstützung bekommen, die sie benötigen.« In einem Aufsatz wird Salvadori konkreter: »Der selektive Charakter des deutschen Schulsystems ist eine Art der Diskriminierung.«

An der Stuttgarter Wilhelmschule konnte man das doppelte Versagen von Schule und Elternhaus jahrelang beobachten. Kinder aus 30 Nationen lernen in einem hellen neuen Gebäude am Marktplatz im Stadtteil Wangen. Mit vielen Eltern könne man sich nur per Dolmetscher unterhalten, berichtet die Schulleiterin Barbara Dittus. Und das obwohl sie schon seit Jahren in Deutschland lebten. In italienischen Familien zu Hause werde meist Dialekt gesprochen, das Hochitalienisch komme aus dem Fernseher, der oft stundenlang laufe. Deutsche Freunde oder Bekannte habe ihre Familie nicht in Stuttgart, bestätigt die Förderschülerin Valentina, jedoch eine Menge italienischer Verwandter.

Vielen Kindern merkt man ihre Sprachprobleme zunächst nicht an. »Die reden munter mit«, sagt Dittus. Schließlich waren die meisten in der Kita. Erst wenn die Schüler in der dritten Klasse längere Texte lesen und kleine Aufsätze schreiben müssen, treten die Defizite zutage: ein stark reduzierter Wortschatz, eine fehlerhafte Orthografie, kein Sinn für Akkusativ und Dativ. Nicht nur im Fach Deutsch »wird aus einer Zwei plötzlich eine Vier«, sagt die Schulleiterin. Auch andere Fächer wie Sachkunde oder Mathematik, wo Textaufgaben eine Rolle spielen, leiden unter den Sprachproblemen. Haben die Lehrer die Defizite endlich bemerkt, ist es oft schon zu spät. Am Ende der Klasse vier lautet für die meisten die Empfehlung: Hauptschule. Die Eltern nehmen das Urteil der Schule resignierend hin, sagt die Förderlehrerin Wolf.

»Ahnungs- und machtlos« fühlen sich viele Eltern angesichts der deutschen Schule, sagt Duilio Zanibellato vom Förderwerk enaip, das den Stützunterricht für italienische Schüler organisiert. Seit mehr als 30 Jahren betreut er Einwandererfamilien. »Wenn die Kinder zu Hause nicht gefördert werden, haben sie in Deutschland keine Chance«, fasst er seine Erfahrungen zusammen. Wissenschaftliche Studien geben ihm recht: In keinem Industrieland hängt der Bildungserfolg so stark von der Familie ab wie in Deutschland. Doch wie können die Mütter ihre Kinder beim Lernen unterstützen, wenn sie den Stoff und das Schulsystem selbst nicht verstehen? Wo sollen die Kinder für die Schule üben, wenn sich zuhause fünf Personen eine Zweizimmer-Wohnung teilen?

TEIL 2

In Italien ist die Bildungslandschaft übersichtlich strukturiert und trennt die Kinder erst nach acht Jahren gemeinsamen Lernens. Sonderschulen sind seit Mitte der siebziger Jahre abgeschafft, der Unterricht dauert bis zum Nachmittag. Eltern dürften zwar mitbestimmen, seien aber nicht wie in Deutschland als »Ko-Lehrer« gefordert, sagt Cristina Allemann-Ghionda, italienischstämmige Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Köln. Sich im komplizierten deutschen Bildungsgefüge zurechtzufinden überfordere viele Eltern.

Darum unterstützt die Förderlehrerin Karolina Wolf an der Wilhelmschule nicht nur die Kinder beim Lernen, sondern gibt auch den Eltern Nachhilfe in Sachen deutsches Schulsystem. Die Pädagogin, die in ihrer Freizeit Italienisch lernte, erklärt den Eltern, dass sie mit ihren Kindern lesen sollen oder dass die Schwimmstunden Teil des regulären Unterrichts sind. Wie manche türkische Familien misstrauen auch Italiener mitunter dem Wassersport und melden ihre Kinder krank.

Wolfs Mission hat Erfolg. Die Zensuren der italienischen Kinder haben sich verbessert, die Beziehungen der Eltern zur Schule ebenso. Dabei waren die Lehrer zu Beginn skeptisch. Sie erwarteten zusätzliche Arbeit, fürchteten, kontrolliert zu werden. Italienische Nachhilfelehrer in Nordrhein-Westfalen berichteten, dass sie ihre Schüler mitunter zu Hause besuchen müssen, weil die Schulleitung für die Klassenräume am Nachmittag Miete verlangt.

Denn nicht Deutschland fördert die Migrantenkinder mit Extrastunden, sondern der italienische Staat – obwohl viele Schüler hierzulande geboren und eingebürgert sind. Der Beistand ist politisch kurios: Deutsche Kinder sind angewiesen auf ausländische Hilfe, damit sie nicht auf der Sonderschule landen. Natürlich, sagt Generalkonsul Salvadori, wünsche er sich, »dass die deutsche Seite eine stärkere Verantwortung für diese Schüler übernimmt«. Die Unterstützung dazu gebe Italien gern: »Am Geld soll es nicht scheitern.«

Rund 3,5 Millionen Euro jährlich investiert Italien in Deutschstunden, Elternschulungen oder Tandemunterricht, bei dem ein aus Rom finanzierter Lehrer seinem deutschen Kollegen zur Seite steht. Beim italienischen Generalkonsulat in Köln berät ein spezieller Mitarbeiter vom Verein für die Förderung italienischer Schüler jene Eltern, deren Nachwuchs eine Überweisung auf die Förderschule droht. »Jedes Jahr retten wir 50 bis 70 Kinder«, freut sich die Vorsitzende Louisa Rhoden.

In der Stuttgarter Wolfbuschschule sind solche Rettungsaktionen nicht mehr nötig. In der 4 B (für bilingual) hält die neunjährige Sophie einen Vortrag auf Italienisch. Ihre Aussprache ist noch etwas hart, aber alle Klassenkameraden verstehen sie. Die Schule gehört zu den 28 Einrichtungen in Deutschland, an denen Lehrer aus beiden Ländern italienischen und deutschen Kindern das Lesen und Schreiben zweisprachig beibringen. Italienischunterricht gab es hier schon lange, nur bekamen weder die deutschen Schüler noch ihre Lehrer davon etwas mit. Der so genannte muttersprachliche Unterricht erfolgte isoliert am Nachmittag, so wie es an den meisten Schulen bis heute üblich ist. Warum nutzen wir das Sprachpotenzial nicht und integrieren es in den regulären Unterrichtsbetrieb, fragte man sich an der Wolfbuschschule vor rund zehn Jahren. Das italienische Generalkonsulat fand Gefallen am integrativen Konzept und finanziert der Schule seitdem drei zusätzliche Lehrerinnen. Den Erfolg kann man täglich besichtigen. Schon in der ersten Klasse rufen die Jungen und Mädchen in der »aula italiana« die Monate durch ihre Zahnlücken (»Januar – gennaio, Februar – febbraio!«) und springen auf, wenn sie in dem jeweiligen Monat Geburtstag haben.

Die Nachfrage auf deutscher Seite ist groß; jedes Jahr muss der Schulleiter die Plätze unter den Bewerbern auslosen. Besonders profitieren indes die italienischen Einwandererkinder vom integrativen Konzept. »Dass sie auch einmal etwas besser können als ihre Mitschüler, gibt ihnen Selbstbewusstsein«, sagt die Lehrerin Brisa Scarpati. Wunder geschehen in den bilingualen Klassen zwar keine. Auch an der Wolfbuschschule benötigen Kinder weiter individuellen Förderunterricht. Aber jedes Jahr schaffen es zwei bis drei Schüler auf die Realschule oder das Gymnasium. »Das ist ein Riesenschritt«, schwärmt Rektor Siegfried Siewert. Seine Schule gilt mittlerweile als kleines multikulturelles Vorzeigeprojekt der Stadt. Auch die Schulkultur hat sich italienisiert. Am 6. Januar kommt die gute Hexe Befana zu Besuch, die wie der deutsche Nikolaus Geschenke mitbringt. Die Kinder dürfen sich zweimal freuen.

*Kindernamen von Redaktion geändert

Diesen Artikel finden Sie als Audiodatei im Premiumbereich unter www.zeit.de/audio

http://www.zeit.de/2008/07/B-Italiener?page=1

 

 

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